26.04.2022

Ich hatte ca. 4,5 Stunden durchgeschlafen und habe mich schon lange nicht mehr so ausgeruht gefühlt. Diesen Erfolg verdankte ich zwar wieder einer Schlaftablette, aber das schmälerte meine Freude nicht. Auch die Kopfschmerzen waren deutlich besser.

Mein Tag würde heute lang werden und zu allem Übel kollidierte auf der Fahrt ins Büro ein Sattelzug mit der hinteren linken Pobacke meines Fahrzeugs. Somit fiel dann heute wohl auch die Mittagspause flach, da ich hier zur Werkstatt musste. Shit happens!

Ich hatte mich für den heutigen Abend getränkemäßig eingedeckt. Es würde der erste Abend mit abschließendem geselligen Beisammensein der Kurse werden. Der vorletzte Kurs (welcher heute überdimensional voll war) bestellte am Ende der Stunde immer gerne ein bis zwei Flaschen Weißwein und der ein oder andere hielt sich an ein bis zwei Bier fest (oder mehr, den Überblick hatte ich nicht, da ich hier ja meinen letzten Kurs hatte).

Bis nach meinen Kinderkursen und auch noch zu Beginn des ersten Abendkurses konnte ich das Thema: ‚Was würde ich später trinken?‘ weitgehendst aus meinen Gedanken fernhalten. Doch zunehmend Richtung Kursende checkte ich meine antialkoholischen Möglichkeiten. Ihr werdet nun sagen: ‚Dann trink doch einfach Wasser!‘ Aber so einfach ist es nicht. Der ‚Belohnungs-Faktor‘ am Ende eines langen Arbeitstages ist ja Teil der Gewohnheit. Teil der Sucht.

Ich musste somit etwas finden, was dieses Bedürfnis – zumindest erst einmal – stillte. Ich mochte den leicht bitteren Geschmack eines Getränkes, weshalb ich oft zu Aperol gegriffen hatte. Bitter Lemon stand nicht zur Wahl, da ich dies schlecht vertrug. Zu Hause hatte ich mich inzwischen mit Tonic Water eingedeckt. Das ging ganz gut. Für heute Abend hatte ich mir eine Limette ausgepresst und mit Wasser und einigen Tropfen Süßstoff vermischt. Ich habe keine Ahnung, ob das der ‚richtige‘ Weg ist, aber ich sehe es, wie auf meinem kürzlich gelaufenen Jakobsweg: Jeder wählt seinen ‚Camino‘. Und alles war besser, als weiterhin meinen Körper zu vergiften. Denn so sah ich den Alkohol inzwischen: Als pures Gift!

Die letzte Nacht hatte natürlich wieder erst einmal schlaflos begonnen. Und während ich ausgestreckt auf dem Rücken lag und versuchte meine Gedanken auszulöschen, spürte ich meinen Körper. Und ich entschuldigte mich bei ihm! Für die Strapazen, die ich ihm jahrelang zugemutet hatte. Und dennoch hatte er mich oft durch anstrengende Tage tragen müssen. Was war ich für ein Arsch, meine einzige eigene Stütze so zu misshandeln! Mir liefen die warmen Tränen direkt in meine Ohren und nässten Haare und Kissen. Nicht, weil ich mich bedauerte, sondern aus Wut!

Nun saß ich am Ende dieses Tages vor meinem Glas Limettenwasser, hatte dies mit Eiswürfeln und einem Röhrchen ‚aufgepimpt‘ und lauschte sehr sensibel den Gesprächen. Das Thema ‚Alkohol‘ nimmt hier eine große Rolle ein. Ich bin mir nicht sicher, ob uns bewusst ist, wie oft wir darüber sprechen. Meist lachend, schwärmend und verharmlosend. Über keine andere Droge der Welt wird öffentlich so positiv geredet.

„Eine GUTE Flasche Wein“; „Lasst uns etwas trinken und es uns GUTGEHEN“; „Ein Schnäpschen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen“; …

Die Liste ist unendlich! Habe noch nie gehört, dass einer meiner Kursschüler gesagt hätte: „Kommt, lasst uns den Tag mit einem schönen Joint gemeinsam ausklingen!“

Es steht mir nicht den Moralapostel zu spielen. Aber diese Erkenntnisse helfen mir. Ich möchte sie zu einem festen Bestandteil meiner Gedanken machen und sie nie mehr vergessen! Jeder spaßige Spruch und jedes beschönigende Wort soll mich täglich daran erinnern, wohin mich der „gute“ Alkohol gebracht hat…