Hallo, mein Name ist Daniela Fromme, bald 54 Jahre alt und Alkoholikerin.

Diesen Satz endlich öffentlich aussprechen zu können, verursacht Ängste und Erleichterung. Erleichterung darüber, es endlich angenommen zu haben und Angst davor, was mich nun erwartet. Und ich spreche nicht von möglichen Shitstorms oder Beleidigungen, mit denen ich tatsächlich rechne. Sondern von der Aufgabe, die ich mir gestellt habe: Völlige Abstinenz!

Meine Entscheidung fiel in der Nacht auf den 20.April 2022, was schicksalhafter Weise der Geburtstag meiner verstorbenen Mutter war. Ich glaube jedoch nicht an Schicksal. Ich war an diesem Abend mit Schüttelfrost, Fieber und schrecklichen Glieder- und Kopfschmerzen ins Bett gegangen und diese Symptome sollten sich auch noch einige Tage halten. Das Gute an dieser Situation war: Wenn ich mich so schlecht fühlte, hatte mein Geist kein Verlangen nach Alkohol. Der ideale Start!

Ich hatte mir vor einiger Zeit das Buch von Nathalie Stüben ‚Ohne Alkohol- Die beste Entscheidung meines Lebens‘ bestellt und dies von der ersten Seite an verschlungen. Sie beschreibt dort ihr Leben mit dem Alkohol und ich konnte fast identisch in ihre Gefühlswelt eintauchen. Wenn man hier noch von Gefühlen sprechen konnte. Denn diese habe ich mir ja jahrelang erfolgreich totgesoffen.

Mit der Entscheidung sich dem Alkohol zu entziehen, kam schlagartig die Angst zu versagen. Ich hörte Videos und Podcasts, las Berichte und zermarterte mir den Kopf, welches wohl der erfolgversprechendste Weg für mich sein könnte, diesem Dämon auf immer den Rücken zu kehren.

Und so wurde mein neuer Blog geboren!

Ich bin ein extrovertierter Mensch, der gerne die Erwartungen der Menschen erfüllt und niemanden enttäuschen möchte. Die Aufklärung über das Thema ‚Ab wann ist es Alkoholismus?‘ liegt mir zudem inzwischen ungeheuer am Herzen und ich sprach, schon vor meinem jetzigen Outing, fast über nichts anderes mehr. Nathalie Stüben gibt hierzu unendlich viele fundierte Informationen und ich kann sowohl ihr Buch als auch ihre Videos nur empfehlen.

Mit diesem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen und somit meinen ‚Entzug‘ zu dokumentieren, gibt mir Kraft, weil es möglicherweise auch anderen in meiner Situation Mut macht. Jeder, den ich hier mitnehmen kann, ist es wert, dass ich meine Fassade fallen lasse.

Natürlich hatte ich mein Vorhaben mit meiner Tochter und meinen besten Freunden vorab besprochen. Nur von einer Seite kam die Frage, ob das ‚momentan wohl der richtige Zeitpunkt‘ wäre. Und auch wenn ich glaube, die Intension hinter dieser Frage verstanden zu haben- Ja! Lasst Euch niemals aufhalten, wenn die Entscheidung gefallen ist. Nichts ist so wichtig, wie eure Gesundheit! Den richtigen Zeitpunkt sich öffentlich möglicherweise ‚an den Pranger zu stellen‘ gibt es nie. Aber jeder Zeitpunkt ist perfekt um dich um deine Gesundheit zu kümmern!

Meine Tochter hörte mir aufmerksam zu, gab mir Tipps und motivierte mich in meinem Vorhaben. Nach unserem Telefonat schrieb sie mir eine WhatsApp mit den Worten: ‚Du bist toll‘ mit einem knallroten Herz dahinter. Ich antwortete: ‚Oh Maus, toll wäre gewesen, ich hätte es gar nicht so weit kommen lassen. Aber dein Zuspruch tut mir gut.‘ Sie konterte: ‚Keiner ist perfekt. Aber stark sind die, die ihre Fehler einsehen und daran arbeiten.‘  Ich wollte stark sein. Für meine Familie, meine Freunde, den Menschen, denen ich eventuell Mut machen konnte aber zuallererst für mich selbst!

Heute ist der 21.April und ich habe aufgrund der Krankheit seit zwei Abenden nicht getrunken. Heute geht es mir ein klein wenig besser und ich verspüre schon zum ersten Mal, dass ich ein wenig Lust auf ein Glas Wein hätte. Aus diesem würden dann im Normalfall gut 1 bis 2 Flaschen werden – täglich!

Ich hatte jeglichen Wein-Vorrat aus meiner Küche längst entfernt, aber im Auto lagen noch eine dreiviertel Flasche Weißwein und zwei Flaschen Aperol, die ich nach meinem Arztbesuch heute eigentlich in meinem Betrieb abgeben wollte. Ich leite eine Tanzschule, inklusive einem kleinen Barbetrieb.

Ich habe mir eine große Kanne Tee gekocht und werde mir gleich eine weitere machen. Zusätzlich habe ich mit dem Schreiben begonnen. Das es nicht einfach wird, wird nun schon deutlich. Heute mache ich mir jedoch noch keine großen Sorgen. Der schwierigste Teil beginnt, wenn ich wieder arbeiten gehe und die Kursschüler am Ende des Tages noch zu einem ‚Umtrunk‘ beisammensitzen. Wobei ich hier oft die Einzige gewesen war, die Alkohol im Glas hatte. Dennoch war der ‚Schluck‘ am Ende des Tages oft ein Abschalten und die Hoffnung auf Schlaf. Denn an diesem mangelt es mir ohne Alkohol deutlich.

Am Ende dieses Eintrags und somit zum Startschuss dieses Blogs möchte ich mich bei allen Verwandten, Freunden und Bekannten entschuldigen, denen ich mit meinem Outing vor den Kopf stoßen sollte. Ich kann nur auf Verständnis hoffen, aber ich erwarte es natürlich nicht. Meine lieben Tanzschüler und mögliche Neukunden möchte ich darum bitte, mich nicht auf das zu reduzieren, was nun erst an die Öffentlichkeit kommt und vorab möglicherweise viele gar nicht erkannt haben, sondern mich weiterhin an meinem Einsatz und der Kompetenz zu bewerten.

Die Angst und die Scham ist größer, als es euch möglicherweise erscheint.