Reale Leidensgenossin und Bleistiftzeichnungen
Ausgeschlafen bis 8:00 Uhr! Gemütlich geduscht und dann mein noch gestern erworbenes Frühstück aufgetischt. Es gibt kalten Latte Macciato, Orangensaft, Körnerbaguette mit (natürlich) Käse, Nektarinen und einen Jogurt. Schaffen tue ich den Orangensaft, das Stück Baguette mit Käse und den Jogurt. Immerhin. Heute ist der Tag, an dem ich mich der Größe meiner Hose wieder annähern möchte 😄. Das ist zumindest einer meiner Pläne. Davon gibt es reichlich: Prio 1 hat die Beinschonung☝🏻. Allerdings müssen auch einige Dinge erledigt werden, wenn ich zukünftig nicht von einer Horde Schmeißfliegen verfolgt werden möchte. Also wird die gesamte Wäsche zusammengepackt. Alles! Auch das, was nicht angezogen wurde, denn es war ja im Gemeinschaftszimmer mit den getragenen Sachen. Da kann der Geruch schon einmal abfärben. Und dann benötige ich neue Mullbinden. Nicht nur wegen des Geruchs. Ich möchte auch etwas größere und stärkere kaufen. Vielleicht schreibe ich zur Motivation auf die Binde für das rechte Bein „GO!“. Aber das entscheide ich spontan 😉.

Ich laufe um 10:00 Uhr zu „ecolaundry“ nur 5 Minuten vom Hotel entfernt, welches ich übrigens von 90€ auf 70€ für 2 Nächte herunterhandeln konnte. Der Waschsalon ist riesig und sehr sauber. 3 kleine und 1 große Waschmaschinen sowie 2 Trockner befinden sich in diesem „Tanzsaal“. Ein Tisch in der Mitte und ein paar Stühle. Ich hätte noch einen Getränke- und Snackautomaten hineingestellt. Oder zumindest einen Kaffeeautomaten. Es sei denn, der Waschsalon gehört zur kleinen Bar nebenan. In dieser habe ich nämlich meinen Kaffee dann getrunken 😉. An der Tür des „ecolaundry“ stand irgendetwas mit „1 hora“. Da ich sonst keine Zeitangabe finden konnte und mir dies einigermaßen logisch erscheint, stelle ich meinen Handywecker auf 50 Minuten und genieße in der Sonne (sitzend darf sie gerne scheinen 😉), meinen Kaffee. Nachdem mein Handy dann auch allen weiteren Gästen mitgeteilt hat, dass meine Wäsche nun fertig ist, zahle ich brav und betrete anschließend den nun gut besuchten Salon.

Ein Herr legt säuberlich seine frische Kleidung zusammen und auf einem der Stühle sitzt eine Pilgerin, die mir auf dem Weg zuvor schon aufgefallen ist. In etwa mein Alter und meine Größe. Ich setze mich neben sie, da meine Maschine offensichtlich noch läuft. Da spricht sie mich auf englisch an und deutet auf den nassen Wäscheberg auf dem Tisch, der stark an meine Kleidung erinnert. Sie entschuldigt sich, sie habe die Wäsche herausgeholt, da diese Maschine fertig war und alle anderen besetzt. Ich meine, das wäre kein Problem und stopfe die Sachen in den noch freien Trockner. Keine Ahnung, wie diese Dinger mit meiner Wäsche umgehen, deshalb mal lieber nur 50 Grad und 18 Minuten. Nicht, dass ich nachher nur noch die Hälfte an Gewicht in meinem Rucksack habe… in diesem Fall eher kontraproduktiv 🤷🏻♀️. Ich setze mich wieder neben die Dame, welche, wie sich im Gespräch herausstellt, aus den Niederlanden kommt und eigentlich mit ihrer 25 -jährigen und Biologie im letzten Semester studierenden Tochter unterwegs ist. Allerdings hat meine Gesprächspartnerin vor wenigen Tagen wohl EINEN verdammten Schritt falsch gesetzt und ist seither mit Auto und Bus auf der Jagd nach ihrer Tochter. Oder umgekehrt🤷🏻♀️, je nachdem, wer früher am Zielort angekommen ist. Sie hat große Schmerzen in der Hüfte, hat sich einen Termin bei der hiesigen Physio geben lassen und hofft, das sie das „Go“ zum Weitermachen bekommt. Manchmal bin ich geneigt, nun doch an Wunder zu glauben! Seit drei Wochen begegne ich zwar angeschlagenen Menschen, aber bisher niemals jemandem, bei dem der Weg auf der Kippe stand. Und nun treffe ich in genau diesem Moment eine Leidensgenossin. Allerdings ist ihr Leid von wesentlich kürzerer Dauer, da sie eh nur noch 2 Tage hat und dann mit ihrer Tochter wieder heimfliegt. Aber diese zwei Tage würde sie nunmal liebend gerne noch laufen. Wir verstehen uns prächtig und machen uns ununterbrochen über unser „Unglück“ lustig. Wer kein Englisch versteht denkt, wir erzählen uns dauerhaft Witze 😉. Wir haben nur 30 Minuten miteinander verbracht und ich hätte schwören können, wir wären gute Freundinnen geworden. Nicht erklärbar… einfach ein Bauchgefühl 🤷🏻♀️. Ich wünsche ihr, dass sie ihre zwei Tage noch vollständig genießen kann!
Auf dem Weg zurück ins Hotel hole ich nur eine große Mullbinde für übertriebene 4€ und betreibe anschließend gut 2,5 Stunden „Beinschonung“ mit belegtem Käsebaguette, einer Nektarine, einer Banane und vielen Keksen 😋. Damit habe ich den Punkt „Anpassung meiner Hose“ auch gleich abgehakt. Ich lese mir die Kommentare zum Blog nochmals durch und erkenne eine Eigenschaft für Muschel Nummer 2: „innere Stärke“! Meine erste Muschel hatte ich inzwischen mit dem jüdischen Symbol für die Wertschätzung des Lebens bemalt: ‚die Chai‘. Nun suche ich nach einem Symbol, welches die Stärke bezeichnet, welche mich charakterisiert. Ohne Erfolg! Ich sammle seit einigen Jahren Elefanten. Ein Tier, was durchaus für Stärke, aber auch für innere Ruhe steht. Das bin ich nicht! Ich bin in Situationen, die mich verängstigen, erst einmal völlig impulsiv! Ich tobe und kann auch mal gegen die Wand treten. Wut und Verzweiflung drücke ich laut aus. Meist jedoch nur für einen kurzen Moment. Wenn sich die Emotion Luft verschafft hat, fängt das Hirn an zu arbeiten. Lösungssuche betreibend! Denn Aufgeben ist nie eine Option! Der Elefant steht zum Teil für das, was ich bin und zum Teil für das, was ich gerne wäre: Stark und besonnen.

Ich halte es im Zimmer nicht mehr aus, da draußen die Sonne einläd. Somit wackle ich die wenigen Stufen nach unten und setze mich in den äußeren Barbereich des Hotels. Ich habe einen Malblock dabei und male. Was, verrate ich noch nicht 😉. Beim Kaffee liegt ein ‚Werther’s Original’ dabei. Wusstet ihr, dass der Kaffee mit so einem Karamelbonbon im Mund deutlich besser schmeckt? Ich trinke einen zweiten und bekomme Lust auf ein Eis. Block, Radiergummi und Pencil müssen auf dem Zimmer bleiben und Mimi muss leider auf Eisdielensuche mit. Ich finde aber zuerst einen Ramschladen, der echt alles verkauft. Wenn ich die Kassiererin gewollt hätte, hätte der chinesische Betreiber dieses Ladens sicher eine größere Einkaufstüte ausgegraben. Ich kaufte etwas Ramsch für 2,30€. Wofür erfahrt ihr eventuell einmal später 😜.

Nach wenigen Metern springt mir die Überschrift eines kunterbunten Ladens entgegen: „Heladeria“ -Eisdiele! Mit Mango- und Philadelphiaeis bewaffnet setze ich mich auf den ‚Plaza del Ayuntamiento‘ und lege mein frisch verbundenes Bein hoch. Ja, ich habe es getan! Ein großes „GO!“ in rot steht auf meinem Verband 😊.

Nach verspeistem Eis laufe ich gemütlich zum Hotel zurück und werde dort vom netten Kellner zu einem Rotwein-Schorle eingeladen (?) 🤷🏻♀️. Ich sage nicht nein, vielleicht hat er ja Geburtstag. Gratuliert habe ich aber vorsichtshalber nicht 😂.

Im Zimmer widme ich mich wieder meinen Zeichnungen und werde tatsächlich fertig. Ich hoffe, Euch damit auch eine kleine Freude zu machen, wenn ihr nun schon auf tolle Landschaftsbilder und Caminobericht verzichten müsst. Heute haben Fräulein Ehrgeiz, Herr (der spontan zum Monsieur wurde 😉) Stolz, Maximus und Mimikus ein Gesicht bekommen. So, wie ich sie mir in meiner Phantasie vorstelle 😊. Vielleicht liegt diese von Eurer ja gar nicht so weit entfernt 😉.


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